LEBEN · ERINNERN · STERBEN · TRAUER · DANK · ABSCHIED
LEBEN · ERINNERN · MITGEFÜHL · LIEBE · STERBEN · TRAUER · TOD · BEWUSSTSEIN · DANK · ABSCHIED
Wenn Kinder trauern
Hier wollen wir in Kürze Informationen und Gedanken zu den folgenden Themen veröffentlichen:
- Welche Bilder/Vorstellungen Kinder vom Tod haben und malen können
- Hinweise auf Literatur
- Kinder als Trauernde, die leicht übersehen werden
- Was man Kindern anbieten kann, um ihrer Trauer Ausdruck zu geben
- Hinweise für Kindergärten und Schulen
Wenngleich an all dem noch gearbeitet wird, wollen wir schon jetzt an dieser Stelle einer Frage nachgehen,
die Trauerfamilien, Pädagogen und Berater immer wieder beschäftigt:
Soll/kann ich die Kinder mitnehmen zu Aufbahrungen, Trauerfeiern, Beerdigungen?
Häufig wird Eltern davon abgeraten, ihre Kinder zu Abschiedsfeierlichkeiten mitzunehmen. Viele Familien
versuchen, den Trauerfall überhaupt von den Kindern fernzuhalten, bleiben vage in dem, was sie ihnen sagen,
finden Ausreden, wenn sie nach dem Verstorbenen gefragt werden. Begründungen für solches Verhalten ist zum
einen, dass diese Extremsituationen Kindern Angst machen würden und zum anderen, dass man selbst nicht in Ruhe
Abschied nehmen könne.
Als Bestatterin, Trauerbegleiterin und Mutter stellt Julia Schäfer solchen Argumenten ihre Erfahrung und
Meinung gegenüber, wenn sie schreibt:
„Ich halte es für falsch, Kindern die Möglichkeit zu nehmen, bei Trauerfeiern und Beerdigungen dabei zu sein.
Auch sie sind Teil der trauernden Familie, haben eine Beziehung zu dem verstorbenen Menschen gehabt und müssen –
in einer eigenen Form – Abschied nehmen, den Verlust erfassen, begreifen, dass nun etwas anders ist als vorher.
Natürlich kann eine Beerdigung eine Extremsituation sein (wobei es sicher viele Extremsituationen gibt, die zum
Leben dazu gehören, auch zu dem Leben von Kindern), - schädlich ist sie für ein Kind jedoch ganz sicher nicht.
Wenn man erahnt, dass man sich selbst nicht auf die eigene Trauer konzentrieren und nicht in Ruhe Abschied
nehmen kann, wenn das eigene Kind mitkommt, wäre es möglich, eine dem Kind nahe stehende, vertraute Person zu
bitten während der Beerdigung für es da zu sein und alle Fragen zu beantworten. Wichtig ist auch, dem Kind
vorher genau zu erklären was geschehen wird (viele Menschen werden in schwarz gekleidet sein, weinen, die Oma
liegt im Sarg und dieser wird in die Erde versenkt werden). Auch kann dem Kind angeboten werden, dass man mit
ihm raus und woanders hingeht, wenn es merkt, dass es da nicht mehr sein will.
Wieso ist es schlimm, wenn das Kind die Mutter und andere weinen sieht? Die Traurigkeit spürt es sowieso,
auch zu Hause (Kinder haben sehr feine Antennen für Trauer und spüren, wenn etwas anders ist als sonst, dadurch
kann auch Verunsicherung entstehen). Wenn das Kind von der Trauerfeier ausgeschlossen ist, fehlt ihm dieser Teil
gemeinsames Ritual und auch die Erfahrung was dort geschieht! (Ausnahme ist immer, wenn das Kind selbst äußert,
nicht mit zu wollen – zwingen sollte man nie. Und alle Eltern werden einschätzen können, ob/wie ihr Kind die
Situation verkraftet). Das Kind später mit zum Grab zu nehmen ist sicher eine gute Idee. Wenn man es zuvor aber
von der Bestattung ausgeschlossen hat, weiß es ja nicht, wie die/der Verstorbene in das Grab hinein gekommen ist
– es bleibt abstrakt und nicht vorstellbar.
Ich würde auch dazu raten, Kinder mit zu offenen Aufbahrungen zu nehmen, wenn sie das möchten, egal wie alt sie
sind. Je nach Alter sind Kinder verschieden abschiedsfähig, begreifen mehr oder weniger, was vor sich geht.
Jedoch haben ich und meine Kolleg/innen die Erfahrung gemacht, dass Kinder unbefangener mit dem Tod umgehen, als
Erwachsene sich das vorstellen können. Wenn wir Erwachsene sie vor dem Eindruck eines toten Menschen schützen
möchten, tun wir das in der Regel mit dem Hintergrund unserer eigenen Angst.
Kinder lassen so viel von dem Eindruck an sich heran, wie sie verkraften können. Wir haben schon viele gute und
beeindruckende Erfahrungen damit gemacht (- nie schlechte -), Kindern Zugang zum offenen Sarg zu geben. Sie
können Blumen in den Sarg legen oder ein Bild, einem gestorbenen Geschwister Spielsachen, ein Kuscheltier. Die
Oma noch einmal anfassen, spüren, dass sie kalt, also wirklich tot ist. Wichtig ist dabei natürlich, das Kind zu
begleiten, alle Fragen ehrlich zu beantworten, auch im Anschluss für es da zu sein und Ausdruck zu ermöglichen.
Negative Auswirkungen habe ich in meiner Berufspraxis immer nur dann erlebt, wenn Kinder davon abgehalten
wurden, den Verstorbenen sehen zu dürfen, wenn Ihnen verboten wurde mit zu erleben und zu begreifen.
Wir versuchen, eine Trauerkultur zu schaffen, in der Menschen bewusst Abschied nehmen können, und das schließt
auch Kinder mit ein. Wenn Erwachsene dies ihren Kindern vorleben, können sie auch gesunde Trauer leben."